Ein kopf, zwei hände

UND ALLE SINNE

Orgelbaumeister Hermann Weber arbeitet an der Holzhey Orgel in Rot a. d. Rot

Orgelbaumeister Hermann Weber, selbst in der Rente noch in seinem Beruf tätig, ist Orgelbaumeister mit Leib und Seele und macht weiter solange es die Gesundheit und geistige Rüstigkeit zulässt. Die Freude am Beruf und der Musik begleiten ihn schon sein Leben lang und heute ist er dankbar für die lange Zeit des Lebens im 'Wunschberuf', trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten.

Nach fast 50 Berufsjahren hat er viel zu berichten. Hier arbeitet er gerade an der Holzhey Orgel der Klosterkirche St. Verena in Rot a. d. Rot.

Was ist das Besondere an Ihrem Beruf?

Orgelbau ist ein bodenständiges Handwerk - wie alle übrigen Handwerksberufe auch und man braucht wie immer eine große Portion Geduld und Ausdauer, um in die Tiefen der Materie vorstoßen zu dürfen.  Da kommt nichts von alleine und jeder kocht mit dem selben Wasser. Deshalb muss man da nichts künstlich größer machen als es wirklich ist. Für das 'Geschenk', ein Leben lang am Beruf 'dran bleiben' zu dürfen kann man nicht genug danken! Das ist auch Hintergrund für mein Engagement als Organist in zwischenzeitlich 11 Kirchengemeinden. Im kommenden November werden es dann 50 Jahre, dass ich beruflich im Orgelbau unterwegs bin. Orgel spielen (im Gottesdienst) darf ich bereits seit 1969. Das sind immerhin heuer auch schon 54 Jahre.

Wann beginnt Ihr Arbeitstag und was tun Sie als Erstes, wenn Sie in Ihre Werkstatt kommen? 

Das hängt von der jeweiligen Situation ab. Im Normalfall stehe ich ab 7 Uhr in der Frühe in der Werkstatt. Interessanter wäre die Frage, wie lange der Arbeitstag ist. Da gibt es eigentlich keine 
Grenzen. Ohne terminlichen Druck endet der Tag in der Regel gegen 22 Uhr. Bei bevorstehenden Einweihungen waren oft auch Nachtschichten und bis zu 48 Stunden dauernde Einsätze gefordert. 
Der erste und auch der letzte Handgriff in der Werkstatt gilt immer dem Ein- bzw. Ausschalten der Stromsicherungen. 

Für welche Orgeln sind Sie zuständig?

Insgesamt dürften das knapp 100 Instrumente sein. Darunter sind etwa 35 von mir neu gebaute Instrumente. Einen Großteil der übrigen Instrumente habe ich überholt oder restauriert. Es gibt nur 
wenige Instrumente, welche ich „nur zu Pflege“ habe. Die Highlights unter meinen „Pflegekindern“ sind sicherlich die historischen Orgeln in Ottobeuren, Rot a.d. Rot, Maria Steinbach oder die Chororgel in Schloss Zeil. 

Gibt es für Sie eine „Lieblingsorgel“? 

Da alle Instrumente sehr individuell sind, hat jedes von ihnen seinen eigenen Charme. Es fällt schwer zu sagen, dies oder das Instrument steht mir besonders nahe. Da ich in Rot a.d. Rot teilweise den Orgeldienst ausüben darf, ist jede Messe auf der Orgelbank da schon etwas ganz Einzigartiges. 

Was fasziniert Sie an der Orgelbaukunst? 

Handwerkliche Vielfalt, gepaart mit Musik. Quasi vom rohen Holz oder Metall über viel Physik, gestalterisches Vorstellungsvermögen und einem aufwendigen, täglichen, handwerklichen Training der eigenen Fertigkeiten hin zu einer musikalischen Kreativität, welche im Idealfall dazu fähig ist, Zuhörer durch die Übertragung von Schallwellen in Resonanz zu versetzen. Wenn das gelingt, ist es etwas unerhört Befriedigendes, was gleichzeitig auch die Mühsal auf diesem Weg vorübergehend vergessen lässt. Das alles mit nur zwei Händen und einem Kopf zu verwirklichen, fordert alle Sinne und Fähigkeiten und ist auch nach über 40 Berufsjahren jeden Tag von neuem eine echte Herausforderung.

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