Maskenschnitzen

Altes Handwerk - lebendig bis heute

Das Schnitzen von Masken ist ein altes Handwerk, das in Oberschwaben-Allgäu noch heute gelebt wird. Jede Narrenzunft hat ihre ganz eigenen Masken, im schwäbisch-alemannischen auch Larven genannt, die von den verschiedenen Maskenschnitzern der Region entworfen wurden und mit viel Liebe zum Detail in den Schnitzerwerkstätten hergestellt werden. Auf dieser Seite möchten wir Ihnen Maskenschnitzer aus der Region vorstellen, die ihr Handwerk verstehen und die (schwäbisch-alemannische) Fasnet in Oberschwaben-Allgäu prägen und lebendig halten.

Maskenschnitzer

aus Oberschwaben-Allgäu

Maskenschnitzer Stephan Strauss

Maskenschnitzer Stephan Strauss
© Stephan Strauss

Wann haben Sie Ihre erste Maske geschnitzt und was war das für eine?

Ich habe mit 9 Jahren zu schnitzen begonnen. Angefangen habe ich mit Kasperle Figuren und Marionetten. Da ich immer auch schon begeistert an der Fastnacht dabei war mit meiner Mutter (mein erstes Häs war der Schindelbutz aus Scheidegg), fand ich auch Masken immer sehr spannend und wollte unbedingt selbst auch eine tragen. Ebenfalls wollte ich schon als Kind Maskenschnitzer werden. Meine erste Maske habe ich mit 10 Jahren geschnitzt. Es war eine freie Maske. Ein Mann der eine Zunge rausstreckt.

Haben Sie eine spezielle Ausbildung als Maskenschnitzer bzw. wie sind Sie darauf gekommen, diese Kunst auszuüben?

Schon als Kind war das Spannendste an den Umzügen die Masken. Oberschwaben-Allgäu ist ein wahres Füllhorn an Maskentypen verschiedenster Bildhauer. Reinhold Schäle, Otto Lutz, Max Strobel, Haynalka Feldmann-Stobel, Alfred Kiefer, Hugo Riegel und viele andere Bildhauer haben Wunderbares geschaffen. Für mich stand früh fest; das möchte ich auch können. Daher stand für mich auch fest, ich will Bildhauer werden. Mit 14 Jahren habe ich die Aufnahmeprüfung der Bildhauerschule in Elbigenalp erfolgreich abgelegt, aber leider scheiterte es am Geld. Meine Eltern konnten damals die hohen Internatskosten nicht aufbringen. Auch war ich mit 14 Jahren noch nicht soweit meine Eltern und Freunde zu verlassen. Ich habe dann einen Brotberuf erlernt, was mir meine Zeichenlehrerin vorschlug und so bin ich erstmal Restaurantfachmann geworden. Nach meiner Ausbildung hab ich in München im Hotel Bayerischer Hof gearbeitet und nach meinem Zivildienst bei der Deutschen Lufthansa als Flugbegleiter angefangen. Die Schnitzerei hat mich aber nie wirklich losgelassen und so habe ich immer etwas nebenher gemacht. Als ich 2008 in die Plätzerzunft eingetreten bin, kam sehr schnell Andreas Reutter auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich die Maske des Pfeifferle rekonstruieren könnte. Es handelte sich dabei um eine alte Plätzlermaske, die einen pfeifenden Gesichtsausdruck zeigt.  Leider ist diese Maske früh in einem Wirtshausstreit kaputt gegangen und noch an Ort und Stelle im Ofen verfeuert worden. Ich habe also anhand von Fotos die Maske rekonstruiert. Das war mein Einstieg als Maskenschnitzer.  Mittlerweile besuche ich die private Bildhauerschule in Elbigenalp (Tirol ), wo ich meinen Abschluss zum Bildhauergesellen mache.

Darf jeder, der schnitzen kann, Maskenschnitzer werden? Oder gibt es hier eine spezielle „Zertifizierung“?

Das ist immer etwas abhängig von den Zünften. Grundsätzlich sollte aber beim Maskenschnitzen auch ein gewisses handwerkliches Können und Geschick vorhanden sein. Die meisten Zünfte legen Wert darauf, dass ihre Masken Qualität haben und sich nur Unwesentlich von früheren Masken abheben. Zugangsbeschränkungen gibt es aber nicht. Wer gut schnitzen kann und Spaß an der Fasnacht hat, kann sicherlich  auch  Masken schnitzen. Es gibt unter den Maskenschnitzern somit ein breites Spektrum. Von Hobbyschnitzern bis zum akademischen Bildhauer ist alles dabei.

Jede Maske, die Sie schnitzen, hat ja sicherlich irgendwie auch eine ganz eigene Persönlichkeit. Wie entwickelt sich das? Welche Vorgaben gibt es, wenn Sie einen Auftrag bekommen? Wie muss man sich das vorstellen?

Wichtig ist mir persönlich immer, dass ein enges Verhältnis zur Zunft besteht. Ich lasse mir gerne den Typus, das Wesen erklären und schau mir auch den geschichtlichen/kulturellen Rahmen der Fastnacht im Ort an. Seit wann wird dort Fastnacht gefeiert, welche Typen von Masken gibt es, wer hat die Masken vormals geschnitzt, welche Qualität hatten diese Masken. All das recherchiere ich und/oder lasse es mir von der Zunft erklären. Als nächsten Schritt lasse ich mir alte Masken zeigen und setze mich mit deren Gestaltung und der Fassung intensiv auseinander. Um in der Formsprache der alten Masken zu bleiben, ist es meiner Meinung nach zwingend nötig, sich intensiv damit auseinander zu setzen. Auch Masken von/aus verschiedenen Epochen helfen dabei. Dann fertige ich eine erste Probemaske für die Zunft an. Diese wird immer aus dem vollen Block gehauen um das Wesen und die Form komplett zu verstehen. Anders geht das nicht! Mein Muster lege ich dann der Zunft vor. Grundsätzlich schnitze ich alle Masken aus dem vollen Block.

Welche Masken schnitzen Sie am liebsten?

Ich schnitze am liebsten glatte Masken. Das heißt Masken, die von ihrem Typ bei den Weissnarren anzusiedeln sind. Diese Narro oder Hansellarven/|Schemen sind sehr herausfordernd aber unglaublich schön. Auch schnitze ich gerne Masken aus Oberschwaben und der Bodenseeregion. Hexenmasken machen mir mit wenigen Ausnahmen nicht so viel Freude.

Welches Holz benutzen Sie für das Schnitzen der Masken und warum?

Ich schnitze bevorzugt mit Linde und Weymoutkiefer. Linde ist etwas härter, lässt sich aber sehr gut schnitzen und sehr fein/dünn aushöhlen. Masken aus Linde können somit extrem dünnwandig gefertigt werden. Weymoutkiefer ist etwas leichter und gerade nass butterweich. Man hat aber durch viele Äste extrem viel Verschnitt und das Holz reißt gern aus, wenn man nicht rasiermesserscharfe Messer verwendet. Auch ist es sehr harzreich, was beim Fassmalen beachtet werden muss. Grundsätzlich ist es aber ein feines Holz. Noch edler ist Zirbe was gern in Tirol verwendet wird. Da der Baum sehr langsam wächst, hat das Holz sehr enge Jahresringe und einen wunderschönen Duft. Es ist aber in Deutschland nur schwer zu bekommen. Nur wenige Masken von mir sind aus Zirbe geschnitzt. 

Maskenschnitzer werden in der schwäbisch-alemannischen Fasnet oft auch als „Larvenschnitzer“ bezeichnet. Warum ist das so bzw. was bedeutet das?

Larve ist das lateinische Wort für Maske. Auch Scheme ist das altdeutsche/alemannische Wort für Maske. Oft werden diese Ausdrücke lokal typisch gebraucht. Im Schwarzwald redet man oft von der Larve. In Villingen ist es z.B immer eine Scheme.  Dort heißt der Maskenschnitzer auch Schemenschnitzer. Am Bodensee ist es meist die Maske. 

Gibt es eine Möglichkeit, Ihnen beim Maskenschnitzen zuzuschauen?

Da mein Atelier durch meine Tätigkeit bei der Lufthansa bedingt in Oberbayern liegt, habe ich wenig Besuch bei mir im Atelier. Kreativ sein kann man aber auch meist wirklich nur wenn man allein ist. Gegen Besuch nach Vereinbarung habe ich aber nichts. Am Kindermuseumstag der Plätzlerzunft schnitze ich auch meist für die Kinder vor Ort. Dort kann man mir dann auch Fragen stellen. 

Maskenschnitzer Alexander Kleiber

Maskenschnitzer Alexander Kleiber
© Alexander Kleiber

Wann haben Sie Ihre erste Maske geschnitzt und was war das für eine?

Meine erste Maske habe ich 2017 geschnitzt. Das war eine Saulgauer Riedhutzel (Hexe).

Haben Sie eine spezielle Ausbildung als Maskenschnitzer bzw. wie sind Sie darauf gekommen, diese Kunst auszuüben?

Nein, eine spezielle Ausbildung in Schnitzen hab ich keine genossen. Bildhauerei ist mein Hobby, das zu einem Nebengewerbe gewachsen ist. Da ich mich auch mit der Kettensägeschnitzerei beschäftigt habe und auch weiterhin beschäftige, wurden die Ergebnisse erst im engen Kreis bekannt. Später wurde ich durch meine Arbeitskollegen zum Schnitzen von Fastnachtsmasken angestoßen. Bereits die ersten Masken kamen sehr gut an, so dass ich nach kurzer Zeit ein Schnitzer der Dorauszunft Saulgau e.V. wurde.

Darf jeder, der schnitzen kann, Maskenschnitzer werden? Oder gibt es hier eine spezielle „Zertifizierung“?

Eine spezielle Zertifizierung oder Beruf Maskenschnitzer gibt es nicht. Von Zunft zu Zunft ist es unterschiedlich. Mal braucht man von der Zunft her eine Erlaubnis zum Schnitzen der Masken, mal  muss eine Maske einfach dem Typus und der Maskenbeschreibung entsprechen. Auch darf man das Maskenrecht, sobald es ein gibt, nicht verletzen. Sprich, eine Maske vom anderem Schnitzer genau nachmachen. Überwiegend ist das so, das man von der Zunft her zugelassen sein muss.

Jede Maske, die Sie schnitzen, hat ja sicherlich irgendwie auch eine ganz eigene Persönlichkeit. Wie entwickelt sich das? Welche Vorgaben gibt es, wenn Sie einen Auftrag bekommen? Wie muss man sich das vorstellen?

Also bezüglich Vorgaben gibt es ja die Maskenbeschreibungen. Bei mir persönlich gibt es einen Maskenbesprechungstermin, bei dem die Einzelheiten besprochen werden. Bei dem Termin kristallisiert sich raus, was der Kunde für Vorstellungen hat. Ales andere ist halt die Kunst.

Welche Masken schnitzen Sie am liebsten?

Ganz klar! Die Masken der Saulgauer Dorauszunft.

Maskenschnitzer werden in der schwäbisch-alemannischen Fasnet oft auch als „Larvenschnitzer“ bezeichnet. Warum ist das so bzw. was bedeutet das?

Die Bezeichnungen kommen aus unterschiedlichen Sprachen.

Die Larve (aus lateinisch larva „Gespenst“) oder Scheme (von althochdeutsch scema, „hölzerne Maske“)

Maskenschnitzer Ernst Bendel

Maskenschnitzer Ernst Bendel
© Ernst Bendel

Haben Sie eine spezielle Ausbildung als Maskenschnitzer bzw. wie sind Sie darauf gekommen, diese Kunst auszuüben?

Ich habe Schreiner gelernt und besuchte Schnitzkurse, VHS Kurse und arbeitete bei einem Maskenschnitzer.

Darf jeder, der schnitzen kann, Maskenschnitzer werden? Oder gibt es hier eine spezielle „Zertifizierung“?

Bei Masken ist das so eine Sache. An den Masken, die ich entworfen habe, besitze ich ein Urheberrecht .

Welches Holz benutzen Sie für das Schnitzen der Masken und warum?

Am liebsten bearbeite ich Lindenholz luftgetrocknet.

Was machen Sie morgens als erstes, wenn Sie in die Werkstatt kommen?

Mit voller Freude an die Arbeit gehen, mir macht das Schnitzen einfach Lust und Spaß.

Maskenschnitzer werden in der schwäbisch-alemannischen Fasnet oft auch als „Larvenschnitzer“ bezeichnet. Warum ist das so bzw. was bedeutet das?

Das ist regional, meistens werden dünne/lachende Masken mit menschlichen Zügen so bezeichnet.

Impressionen

Wo kann man die Masken mitsamt dem zugehörigen Häs im Einsatz bestaunen?

Das digitale Makenmuseum

Alemannische Larvenfreunde 

Wer sich noch tiefergehend mit den Masken der Landschaft Oberschwaben-Allgäu oder der anderen Landschaften im Südwesten Deutschland beschäftigen möchte, kann das ausgiebig im digitalen Larvenmuseum der Alemannischen Larvenfreunde, dem Verein zur Förderung europäischer Maskenkultur e.V., tun. Den Link finden Sie hier.